DER SPAGAT zwischen Bühne und Kind

Geht es dir genauso?

 

Seit Du Kinder hast, ist nichts mehr so selbstverständlich wie vorher in deinem Beruf, denn mit einem Kind ändert sich „ALLES“. Eine Erkenntnis, die natürlich auf jede Frau und jeden Mann zutrifft. Aber was ändert sich konkret für eine Bühnendarstellerin in dem Moment, in dem sie ihre Leidenschaft zur Bühne mit der Fürsorge für Familie und Kind verbinden muss?

FAMILIENVEREINBARKEIT - EINE HERAUSFORDERUNG FÜR BÜHNENKÜNSTLERINNEN

Wir haben es Spagat genannt, denn ein Spagat ist etwas, das unangenehm Spannung aufbaut, piekt, zieht, dann schmerzt und schlussendlich droht zu reißen. Ein Spagat kann uns überfordern. Und eine Überforderung kann, wenn sie übertrieben wird, Schaden verursachen, der bleibt.

NEUE LEBENSPHASE - NEUE PROBLEME

Vielleicht bist Du müde, hast Zweifel, Krisen, Dinge „laufen“ nicht mehr einfach wie vorher, Dein Körper, dein Alltag oder auch Deine Einstellung zu Beruf und Karriere haben sich möglicherweise verändert. Du kämpfst innere Kämpfe und fragst Dich, ob Du etwas falsch machst oder ob es vielleicht auch am Außen liegen könnte.

GEMEINSAM NEUE WEGE SUCHEN

Nicht ALLE dieser Veränderungen sind für JEDE von uns gravierend oder problematisch. Die schmerzhaften Schwierigkeiten entstehen oft erst dadurch, dass jede glaubt, diese Dinge mit sich alleine ausmachen zu müssen. Das war einer unserer Gründe, dieses Projekt ins Leben zu rufen: wir wollen BÜHNENMÜTTER im Austausch miteinander verbinden und stärken!

Wir haben versucht zu sammeln, auf welchen Ebenen sich Veränderungen ergeben. Vielleicht findest Du Dich in einigen dieser Aspekte wieder, vielleicht kannst Du noch etwas hinzufügen. Dann bist Du hier richtig.

DIE MENTALE EBENE

VERALTETE ROLLENBILDER

Nicht wenige von uns kämpfen mit bestehenden Rollenbildern und gesellschaftlichen Erwartungen, denen man sich als vereinbarkeitswillige Bühnenmutter stellen muss.

·        Du gibst Dein Kind jeden Abend weg, um auf der Bühne zu stehen? RABENMUTTER.

·        Du willst diese wunderbare Stelle am Theater XY nicht antreten, weil das zu weit weg von Deiner Familie ist? Selber schuld – ÜBERMUTTI.

SICH NEU DEFINIEREN

Aber nicht nur das. Viele Bühnenkünstlerinnen hinterfragen ihre eigene künstlerische Identität, wenn sie Mutter werden:

Bin ich immer noch Künstlerin, auch wenn ich gerade 80% meiner Lebenszeit mit Bauklötzen, Windeln oder Hausaufgabenhilfe verbringe?

Kann und darf ich mich als Darstellerin fühlen, wenn ich lange gar keine Bühne mehr betreten habe?

KOMPLIZIERTER WIEDEREINSTIEG

Auch große Sorgen für den beruflichen Wiedereinstieg können quälend sein:

Wie finde ich wieder ins Berufsleben zurück? Wie komme ich an Kontakte/Agenturen/Vorsingen? Und - falls ich eine Rolle ergattere – wo, um Himmels Willen, nehme ich die Konzentration her, eine neue Rolle zu lernen, wenn das Baby leider nur 45 Minuten Mittagsschlaf macht? Wer kümmert sich um mein kleines Kind, wenn ich stundenlang nicht da bin oder sogar die Stadt verlassen muss?

NEUE PRIORITÄTEN

Vielleicht verschieben sich auch insgesamt die Prioritäten extrem und man WILL sich nicht mehr dieser einen Sache komplett verschreiben, sich verschleudern und aufopfern für die Bühne. Auch die geistigen und seelischen Räume sind nun eventuell durch andere Themen okkupiert. Punktuell oder latent. Dann entstehen häufig starke Zweifel an der Berufswahl.

Die beiden Identitäten, die man nun in sich trägt sind konfliktreich und schwer zu vereinen. Das Wechseln zwischen den zwei Welten kann aber auch als große Bereicherung erlebt werden.

NEUE PERSPEKTIVE AUF DIE KARRIERE

Eine Mutterschaft macht stark, man trägt sehr viel Verantwortung und lernt jeden Tag unendlich viele kleine Details, um sein Kind optimal zu versorgen. Das daraus resultierende Selbstwertgefühl ist nicht mehr nur von beruflichem Erfolg abhängig. Die Organisation einer Mutter ist schnell und effizient, die Belastbarkeit nimmt zu. Andere Lebenserfahrungen fließen in die künstlerische Arbeit ein und bereichern sie. BÜHNENMÜTTER sind meist entspannter bei Proben und Vorstellungen - denn das Lebensglück hängt nicht mehr nur vom Erfolg der Produktion oder dem großen Applaus ab.

DIE KÖPERLICHE EBENE

Jede Künstlerin, die auf der Bühne singt, tanzt oder spricht, ist sich mehr oder weniger der Tatsache bewusst, dass ihr Körper zugleich ihr "Arbeitsmaterial" ist.

Von dem Funktionieren des Körpers hängt alles ab.

VERÄNDERUNGEN DURCH SCHWANGERSCHAFT UND GEBURT

Der Körper, den die BÜHNENMÜTTER auf der Bühne verkleidet, der aber immer ihr ganz persönlicher ist, von Tausenden angeschaut, bewertet vielleicht und als Projektionsfläche einer theatralen Idee genutzt, dieser Körper verändert sich durchs Kinder bekommen auf einmal. Und damit verändert sich das Körpergefühl. Auch wenn die Schwangerschaft vorbei ist, ist der Körper eine Weile in einer Doppelfunktion, er ernährt das Kind, er trägt es, und bei vielen Frauen bleibt er für immer verändert.

HORMONELLE EINFLÜSSE

Viele Frauen erleben nach einer Schwangerschaft in ihren 30ern außerdem viele subtile Hormonumstellungen, die auf eine eigene Weise eine bleibende Herausforderung darstellen können. Jeden Monat gibt es große Veränderungen im Körper, durch Wassereinlagerungen und Schleimhautveränderungen. Auch die Psyche ist diesen –Veränderungen ausgesetzt. Stimmung und Belastunsgfähigkeit kann schwanken.

Wie sich Schwangerschaft und Stillzeit auf die Stimme im Hochleistungsmodus auswirken können, wird häufig unterschätzt und ist noch relativ wenig erforscht. Alle Muskeln sind untrainiert oder sehr gedehnt worden, Bänder sind noch aufgeweicht und extrem flexibel und müssen sich erst langsam wieder stabilisieren. So kommen häufig Veränderungen in der Stimmfunktion hinzu, die, bei zu frühem Start oder zu großen Herausforderungen im Beruf, zu Verletzungen oder falschen Mustern führen können. Eine Stimmkrise oder Verletzung des Körpers ist keine Seltenheit.

POSITIVE ASPEKTE DER PAUSE

Bei vielen Frauen wirkt sich die Zwangspause durch Geburt und Elternzeit sehr positiv auf ihre Stimme und künstlerische Entwicklung aus.

Stimme und Körper sind danach erholt, die Auszeit vom Druck des täglichen Performens ist gesund, befördert eine stimmliche und charakterliche Reifung oder körperliche Erholung und eröffnet neue Blickwinkel auf das System Theater.

DIE ORGAnisation

Ein neues Maß an Flexibilität ist gefragt, wenn man berufstätig sein und seine Kinder versorgt wissen möchte.

FAMILIENUNFREUNDLICHE ARBEITSZEITEN

Ständige Proben am Abend bringen einer Mutter, deren Kind auf ihr Beisein zum Einschlafen drängt in eine Notsituation. Stillen alle 2-3 Stunden kann bei Proben von jeweils 4 Stunden morgens und abends schwer umzusetzen sein.

Je nach Alter des Kindes braucht man ein Kindermädchen oder andere Lösungen für eine Betreuung des Nachwuchses, da die gängigen Kita-Öffnungszeiten die Arbeitszeiten am Theater nicht abdecken. Und die staatlich geförderten Betreuungskonzepte sind auf den Bedarf von viel - reisenden Freiberuflerinnen nicht zugeschnitten.

GASTSPIELE - EINE IMMENSE HERAUSFORDERUNG

Für Gastsängerinnen ist eine private Kinderbetreuung für kleine Kinder auf Reisen im Sinne der Vereinbarkeit eine elegante Lösung . Doch eine Nanny zu finden, die bezahlbar, flexibel, mitreisend und verlässlich ist und auf die das Kind auch noch positiv reagiert, gleicht einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Auch bei älteren Kindern sind Organisation und gut verhandelte Verträge ein Muss, denn Schulkinder können durch die Schulpflicht die Mutter nicht mehr begleiten. Hier gilt es, einen Mittelweg zu finden zwischen den Bedürfnissen der Kinder, der eigenen Sehnsucht bei einer 6-8 wöchigen Probenphase und den gesetzlichen Vorgaben.

ELTERNZEITREGELUNGEN

Die relativ komfortablen Regelungen zu Mutterschutz und Elternzeit in Deutschland helfen v.a. Festangestellten. Zwischen dem, was rechtlich möglich ist und dem, was man sich persönlich wünscht und vorstellen kann, gilt es, mit dem Theater einen guten Weg zu finden, auf dem sich eine werdende Mutter mit Konflikten und Erwartungen konfrontiert sehen kann.

Seine Rechte zu kennen, selbstbewusst dafür einzustehen und die Bühnenzukunft zu planen ist das eine - aber wer weiß schon in einer ersten Schwangerschaft, wie sich ein Berufsleben mit einem 6 Monate alten Säugling gestalten könnte.

Für Freiberuflerinnen stellen sich diese Fragen nochmal deutlich schärfer, da die Entscheidung, wie lange man Pause macht, häufig an Existenzängste und die Sorge, den Anschluss zu verlieren, gekoppelt sind.

Was Kannst Du Tun?

 

Du kannst Dir jetzt erstmal auf die Schulter klopfen, für den Weg, den Du bisher gegangen bist in dieser eher familienunfreundlichen Welt, für die vielen Momente, die Du gekämpft hast, in denen Du Dir treu geblieben bist und die Dich als Künstlerin und Mutter definieren.

Bearbeite Deine Probleme und Herausforderungen Stück für Stück und Tag für Tag. Denn dann wird irgendwann jeder Berg bezwingbar.

Du kannst Dich natürlich auch von den hilfreichen Erfahrungen der Frauen, die diese Situation erlebt haben und vielleicht schon ältere Kinder haben, inspirieren und beraten lassen. Es gibt sie, sowohl in Deiner näheren Umgebung als auch hier online!

AUSTAUSCH UND ERMUTIGUNG

Wir haben den passwortgeschützten Bereich AUSTAUSCH & TIPPS generiert, wo Frauen Erfahrungen über ihren Bühnenberuf, Erlebnisse und die Herausforderungen im alltäglichen Leben mit der Familie teilen können. Du kannst Dich per EMAIL anmelden und so Zugang erhalten. Hier erwarten Dich in nächster Zeit Blogeinträge, Interviews und ehrliche Anekdoten, die Dich hoffentlich zum Lächeln oder Nachdenken bringen. Und dort ist es auch in einer geschützten Atmosphäre möglich, Beiträge zu kommentieren und so mit uns und anderen Bühnenmüttern in Kontakt zu treten.

Außerdem sind wir bei Instagram (öffentlich) und haben eine Facebook-Gruppe (geschlossen) erstellt. Schau Dich um, tausche Dich aus und lasse Dich dort inspirieren von anderen Bühnenmüttern und ihren Erfahrungen.

Auch für Updates, neuen Content im Bereich Austausch & Tipps und Einladungen zu Konferenzen mit den aktuellen Zoom-Links, kannst Du Dich per EMAIL registrieren. Wir schicken nur allernötigste Emails - versprochen!


ZUKUNFSTMUSIK

Wir wollen für Verständnis und Unterstützung bei allen Menschen für Bühnenmütter werben -Themen aufgreifen und dabei Menschen verbinden, die sich helfen können und die etwas zu sagen haben.

Wenn wir genauer wissen, was euch bewegt und wo man ansetzen müsste um unsere Situation zu verbessern, wollen wir auch nach außen aktiv werden und mit den Theaterleitungen, Agenturen und Kulturpolitiker*innen in Kontakt treten.

Außerdem stellen wir unsere eigenen Erfahrungen gerne zur Verfügung, um Dich zu beraten oder Dir zu helfen, soweit es in unserer Macht steht. Langfristig planen wir außerdem, eine Liste mit professionellen Ansprechpartner*innen (Lehrer*innen, Coaches, Expert*innen) zusammenzustellen und sie hier zu verlinken.

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“Feminism isn’ t about making women stronger. Women are already strong.

It’ s about changing the way the world perceives that strength.”